Am letzten Samstag, 29.1.2017 begann in China das neue Jahr, das laut dem chinesischen Kalender im Zeichen des Feuerhahns steht.
Und wie an jedem Jahresanfang üblich, gibt es wieder jede Menge Trendaussagen, die auch ein wenig wie eine Glaskugelschau oder Horoskope sind.
Bereits vor und nach dem europäischen Jahreswechsel gab es zahlreiche Ausblicke auf die Marketingtrends in 2017 – bei einigen durfte MR. WOM auch seine Expertenmeinung abgeben, etwa:
- bei den Online Marketing Trends 2017 von über 50 Experten des Online Marketing Tags OMT
- zum digitalen Marketing des Deutschen Instituts für Marketing (DIM)
- im Springer Professional Blog zum Marketing in 2017
Doch was bedeutet nun der chinesische Jahreswechsel für das Marketing?
Wofür der Feuerhahn (in 2017) steht
Schauen wir uns erst einmal an, wofür der Feuerhahn (lt. chinesischem Horoskop) steht:
Ein Feuerhahn-Jahr gab es zuletzt vor 60 Jahren. Der letzte Feuerhahn – 1957 – steht dabei sowohl für den Sprung in den Weltraum (Innovationen), für die Römischen Verträge (Beginn der euroäpischen Einigung), aber auch für eine neue Art der weltbedrohenden Konfrontation (erste Interkontinentalrakete).Und es erschien das Buch “The Hidden Persuaders” von Vance Packard, das mit der Erfindung der Motivforschung u.a. den Wechsel von der Reklamewelt zur Werbung ( die später zu den “Mad Men” führte) einläutete.
Und 2017? Einige meinen der Charakter und die “Motive” des Feuerhahns passen perfekt zu den aktuellen politischen wie gesellschaftlichen Entwicklungen – etwa zum Antritt des neuen Präsidenten Trump – und leiten daraus ihre Trends für 2017 ab.
Der Feuerhahn steht für eine Reihe von positiven wie auch negativen Eigenschaften:
Der Feuerhahn ist ein starker, selbstbewuster und offener Charakter, der den Überblick behält, aber auch nach Bewunderung giert wie ein stolzer Gockel.
Er ist oft sehr eitel und extrovertiert, mag keine Kritik, ist stur, egozentrisch und regt sich schnell auf und gibt manchmal vor, etwas zu sein, was er nicht ist.
Das Jahr des Feuerhahn wird also stolz und kunterbunt: große Visionen, eine gute Hand für Trends und gute Geschäfte, aber auch Energieverschwendung und viel Lärm um nichts.
Die Prophezeiungen des Feuerhahns für das Marketing in 2017 (frei nach MR. WOM interpretiert)
Überträgt man dies nun auf das Marketing 2017, so könnte man folgende Thesen ableiten:
Das Rad der Aufmerksamkeitökonomie dreht sich noch schnelle. Postfaktisches nimmt weiter zu, auch da alternative Fakten es leichter haben, kreisende Erregungen – sprich höhere Viralität – zu erzeugen. Die Lautsprecher übernehmen immer stärker.
D.h. (bezahltes) Influencer Marketing , aber auch Fake-Reviews werden weiter zunehmen, worunter die Glaubwürdigkeit speziell von Online Informationen weiter leiden könnte. Auch wenn einige heute bereits dem Influencer Marketing den Tod erklären, so sind wir hier noch lange nicht auf dem Höhepunkt, der allerdings dann evt. auch dazu führen könnte, dass der Hype extrem überhitzt und verbrennt (Feuerhahn!).
Die jüngeren Zielgruppen reagieren hier bereits: In Vorträgen und Vorlesungen haben insbesondere jüngere Teilnehmer MR. WOM immer wieder gesagt, dass sie selbst den Meinungen im Netz wie auch den Social Media Stars (Blogger, Youtuber, Influencer…) nicht mehr glauben, das wäre entweder Fake oder gekauft. Interessanterweise waren darunter auch Studierende eines Studiengangs, an dem man – salopp gesprochen – “Youtuber werden” studieren kann (ja, so einen Studiengang gibt es wirklich, er wurde wohl u.a. von Mediakraft, einem Influencer-Vermarkter mit initiiert). Sie würden sich stattdessen wieder mehr auf die persönlichen Empfehlungen aus ihrem Freundeskreis verlassen, da das Netz für sie langsam zu “korrumpiert” ist.
Auch differenzierte Meinungen, tiefergehende Analysen und der echte Dialog im Sinne von Debatten werden es schwer haben, es wird stattdessen mehr unversöhnliches Lager- und Schwarz-Weiß-Denken. Die Wahrheit und auch der Dialog bleiben in dieser Kakophonie im Netz immer mehr auf der Strecke. Algorithmen, Filterblasen und Bots beschleunigen diesen Trend noch weiter. Für das Marketing heißt das mehr Automation, aber auch eine komplexere Welt und größere Schwierigkeiten, die Zielgruppen zu adressieren, was sich in der Notwendigkeit höherer Marketing-Budget niederschlägt – oder – bei gleichem Budget – eben weniger Marketing-Wirkung.
Wie Marken das Jahr des Feuerhahns für sich nutzen können
- Nutzer wünschen sich von Marken mehr echten Dialog (also nicht via Chatbots oder Mailings im Sinne Dialogmarketing) und mehr Wertschätzung (lt. z.B. der Brandtrust Studie von Edelman). Das wird umso wichtiger, da das Jahr des Feuerhahns bei den Web- und Social-Media-Nutzern weniger Dialog, weniger Wertschätzung und mehr Verunsicherung mit sich bringen könnte. Marken sollten daher die Kompetenz des echten Zuhörens lernen und ihre Kunden in das Marketing einbinden. Der sog. “Collaborative Consumer” ist stärker involviert, hat eine höhere Loyalität und hilft aktiv mit, Marken erfolgreicher zu machen.
- Nicht mehr Content ist King, sondern weniger, aber dafür relevantere Inhalte. Dabei ist Marken-Content nur noch Queen – User (generated) Content ist King. Dieser ist glaubwürdiger und bildet eine Wahrheits-Insel im Meer von alternativen Fakten.
- Marken sollten gerade im Jahr des Feuerhahns authentischer, transparenter und ehrlicher kommunizieren und speziell das “Kaufen” oder “Fälschen bzw. Verdrehen” von Meinungen und Einfluss vermeiden. Stattdessen sollte der offene Dialog mit passenden Marken-Botschaftern gesucht werden. Sprich zurück zu den Blogger-Relations statt bezahltes Influencer-Marketing via teuer bezahltes Product-Placement.
- Marken sollten zudem ihre Aktivitäten im Word of Mouth – persönliche Empfehlungen offline von normalen Konsumenten – verstärken. Dieses ist nach wie vor das glaubwürdigste, aber auch eines der wirkungsvollsten Instrumente zur Steigerung des Abverkaufs. Zudem ist es budgetschonender und zielgruppen-spezifischer, da es ohne Streuverluste auskommt.
Marken, die auf diese 4 Elemente setzen, werden sich in 2017 besser abheben gegenüber Marken, die auf die aktuellen Trends aus der Vergangenheit aufspringen.
Wenn 1000ende Marken dem Trend der Aufgeregtheit folgen, gibt es keinen Trend mehr, dann ist virale Aufregung der Normalzustand, der Mainstream, und der droht in den in 2017 weiter zunehmenden postfaktischen Eitelkeiten unterzugehen.
Wer hingegen als Marke gegen den Strom schwimmt, auf Wahrheit, Transparenz, wertschätzenden Dialog und die Zusammenarbeit mit den Kunden setzt, wird sich wohltuend für den Kunden abheben. Denn diese Marken bieten Ruhe, Orientierung und Klarheit.
Auf die übersteigerte Aufregung der Aufmerksamkeitsökonomie folgt eine neue Achtsamkeit im Marketing – sowohl im Sinne der “Care-Ethik” wie auch im Sinne der “buddhistisch geprägten Mindfulness“. Vielleicht zeigt sich dies noch nicht umfassend im Jahr des Feuerhahns, aber mit Sicherheit danach, denn dann kommt das Jahr des Erd-Hundes: Dann werden soziale Werte wieder wichtiger als blanker Profit.