Warum Samsung mit dem Galaxy Fold auf Consumer Collaboration und Word of Mouth statt auf Kritikvermeidung setzen sollte.
In der vorletzten Woche hat Samsung mit dem Galaxy Fold einen weiteren Reputations-Gau erlebt. Erste Tester und Kunden berichteten, dass das neu lancierte faltbare Smartphone sehr schnell kaputtgeht.
Nun, es ist nichts Neues, dass viele neue Produkte beim Marktstart scheitern. Wichtig für Marken ist hier der richtige Umgang mit dem Feedback des Marktes und seiner Kunden.
Samsung zog richtigerweise das Produkt vom Markt zurück und verschob die Markteinführung bis auf weiteres, wie in der ersten Erklärung verlautbart.
“We recently unveiled a completely new mobile category: a smartphone using multiple new technologies and materials to create a display that is flexible enough to fold. We are encouraged by the excitement around the Galaxy Fold.
While many reviewers shared with us the vast potential they see, some also showed us how the device needs further improvements that could ensure the best possible user experience.
To fully evaluate this feedback and run further internal tests, we have decided to delay the release of the Galaxy Fold. We plan to announce the release date in the coming weeks.
Initial findings from the inspection of reported issues on the display showed that they could be associated with impact on the top and bottom exposed areas of the hinge. There was also an instance where substances found inside the device affected the display performance.
We will take measures to strengthen the display protection. We will also enhance the guidance on care and use of the display including the protective layer so that our customers get the most out of their Galaxy Fold.
We value the trust our customers place in us and they are always our top priority. Samsung is committed to working closely with customers and partners to move the industry forward. We want to thank them for their patience and understanding.”
Quelle: https://www.theverge.com/2019/4/22/18511170/samsung-galaxy-fold-delay-indefinitely-statement-screen-display-broken-issues
Der Text der Samsung-Erklärung entspricht dabei dem üblichen geschliffenen und unemotionalen PR Blabla. Weder gibt es eine Entschuldigung, noch ein Bedauern, noch ein Aufklären der ggf. wahren Gründe (angeblich soll das “Fold” nur durch Roboter mechanisch getestet worden sein, aber nicht durch einen Menschen selbst.)
Samsung setzte dann im Anschluss darauf, dass man unliebsame Berichte und Bilder versucht umgehend zu löschen (siehe hier am Beispiel ifixit). Das passt zum bisher bekannten Vorgehen von Samsung, die auch schon in Vergangenheit lieber auf Kaschieren, Verdecken und Manipulieren setzten – wie das Beispiel gefakter Bewertungen aus 2013 bereits gezeigt hat.
Samsung folgt damit dem traditionellen Marketingverhalten von Marken: Die Marke stets und immer im besten Licht darzustellen und alles Negative zu verhindern, zu verschweigen oder zu ignorieren.
Doch spätestens seit dem DellHell Shitstorm weiss man eigentlich, dass es einen smarteren Umgang mit der Kritik an Produkten gibt: Die Zusammenarbeit mit den Kunden – auch als Collaborative (Customer) Marketing bekannt.
Denn Kritik ist per se nichts Schlechtes (sofern man es nicht nur durch die PR Brille betrachtet), sondern im Gegenteil extrem wertvoll und positiv, denn es hilft dem Hersteller, seine Produkte zu verbessern und kundengerechter zu machen. Ist Kritik erst mal geäussert, sollte man dazu stehen und nicht versuchen, alles Kritische zu löschen.
Dell entwickelte daraus Ideastorm, eine Plattform zu Produktentwicklung gemeinsam mit dem Kunden.
Samsung täte gut daran, offener, menschlicher und empathischer zu kommunizieren. Und vor allem sollte der Hersteller mit dem Kunden bei Produktentwicklung und -einführung konsequenter zusammen zu arbeiten. Denn Produktfehler können immer passieren. Wer dabei den Kunden mit im Boot hat, hat es leichter aus einem Gau nachträglich einen Erfolg zu machen, wie das Beispiel Darbo zeigt:
Als der österreichische Konfitürenhersteller einen neuartigen Teesirup für die Teezubereitung einführen wollte, liess er das Produkt zuerst durch einige 100 Konsumenten testen. Das Produkt kam jedoch nicht gut an. Die Testkunden kritisierten, dass in dem Sirup zu viel Zucker enthalten sei und schlugen Darbo vor, den Zucker einfach wegzulassen. Darbo hörte auf den Kundenrat, änderte die Rezeptur und konnte das Produkt dann doch noch sehr erfolgreich im Markt lancieren.
Marken, die ähnlich wie Samsung denken, sollten langsam ihr altes Marketing-Weltbild ablegen: Zu oft wird leider dem Kunden und seinem Urteil immer noch nicht vertraut und dieser nur als unmündiger, dummer “Konsument” betrachtet, dem man mit bunter Werbung etwas “andrehen” kann. In dieser Welt ist der Kunde eher der “Feind”.
Im kollaborativem Marketing ist das anders, es betrachtet den Kunden stets als Freund und potentiellen Weiterempfehler. Und Freunde empfehlen gerne anderen Freunden etwas weiter.